BAYERN. Laut Deutschem Wetterdienst war 2023 das wärmste Jahr in Deutschland seit dem Messbeginn im Jahr 1881. Doch es steht zu befürchten, dass in den kommenden Jahren noch trockenere und heißere Witterungsphasen unseren Waldbäumen zu schaffen machen werden. Der richtigen Baumartenwahl auf dem jeweiligen Standort kommt daher künftig eine noch entscheidendere Rolle zu. Aus diesem Grund passt die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) die bereits vor 30-40 Jahren erstellten forstlichen Standortkarten an. In einem Großprojekt werden die alten Karten und Standortgutachten digitalisiert und flexibel gestaltet, damit sie sowohl die aktuellen Standortbedingungen im Jahr 2024 als auch die künftig zu erwartende Standortbedingungen abbilden können. Dieses Projekt findet in Kooperation mit dem Verein für forstliche Standortserkundung e. V. (VfS) und den Waldbesitzervereinigungen und Forstbetriebsgemeinschaften statt. Mit der WBV Cham-Roding wurde die bayernweit erste förmliche Vereinbarung zur Zusammenarbeit unterzeichnet und viele weitere Waldbesitzervereinigungen und Forstbetriebsgemeinschaften haben in den letzten Wochen Ihr Interesse bekundet.
Der nahezu überall in Bayern dringliche Waldumbau setzt eine möglichst genaue Kenntnis nicht nur der heutigen, sondern auch der künftigen Boden- und Klimabedingungen voraus. „Ein im letzten Jahrtausend noch gut wasserversorgter Waldstandort ist bereits heute oft deutlich trockener. Aufgrund der galoppierenden Klimaerwärmung werden sich viele Waldstandorte in den kommenden Jahrzehnten noch weiter stark verändern“, so Dr. Peter Pröbstle, Präsident der LWF. „Als Waldbewirtschaftende müssen wir wissen, ob auf unseren Waldstandorten auch in einigen Jahrzehnten noch Mischwälder mit Fichten- und Tannenanteilen gedeihen können, oder ob wir bereits heute auf Buche, Eiche oder sogar auf ganz neue Baumarten setzen müssen“ ergänzt Josef Ziegler, der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung Cham-Roding und Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbandes. Die WBV Cham-Roding war Vorreiter in diesem Kooperationsprozess und hatte bereits Mitte letzten Jahres ihre Mitwirkung an dem Gemeinschaftsprojekt signalisiert. Inzwischen wurde die erforderliche förmliche Vereinbarung zur Zusammenarbeit stilgemäß mitten in einem oberpfälzer Waldstück unterzeichnet.
Bereits ab den 1980er Jahren wurden in Bayern mit finanzieller Unterstützung des Freistaats die Waldstandorte auf ihre Eignung für die verschiedenen Baumarten untersucht. Mit Spaten, Hammer und Bohrstock waren unzählige Standortkartierer über mehrere Jahrzehnte in den bayerischen Wäldern unterwegs. Dabei bestimmten sie die Bodenart, den Stein- und Humusanteil u.v.m. und leiteten daraus Nährstoffausstattung und Wasserspeicherfähigkeit des Waldbodens ab. „Das war seinerzeit ein unvergleichlicher Kraftakt. Nicht von ungefähr ist Bayern das einzige westdeutsche Bundesland, in dem eine solche flächendeckende Kartierung vorliegt. Doch ein solch gewaltiger Datenschatz kann nur Wirkung entfalten, wenn er auch den heutigen und künftigen Anforderungen entspricht und genutzt werden kann,“ so Dr. Pröbstle.
Mit der Weiterentwicklung dieser Altkartierungen übernimmt Bayern ein weiteres Mal eine Vorreiterrolle. Gemeinsam wollen die forstlichen Zusammenschlüsse, der Verein für Standorterkundung sowie die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft die alten Standortinformationen zukunftsfähig weiterentwickeln. Das Besondere an diesem Projekt ist jedoch die Freiwilligkeit: Im kleineren und mittleren Privatwald setzt die Weiterentwicklung die Einwilligung und Mitwirkung der Waldbesitzervereinigungen (WBV) und Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) voraus. In den vergangenen Wochen haben schon zahlreiche Waldbesitzervereinigungen und Forstbetriebsgemeinschaften ihre Bereitschaft erklärt, gemeinsamen mit der LWF die Standortinformationen weiterzuentwickeln. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen belegen die große Bedeutung des Themas für die forstliche Praxis und das breite Interesse. Weitere interessierten WBVen und FBGen können noch in den kommenden Wochen bei der LWF ihre Teilnahmebereitschaft erklären. Möglich wurde dieses Großprojekt nur im Rahmen des vom Waldklimafonds geförderten Verbundprojekt „Standortgerechtes Waldmanagement im Kleinprivatwald“ der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR).
Bericht: LWF