AMBERG-SULZBACH. Das Schauspiel wiederholt sich jedes Jahr: Zecken kommen pünktlich mit dem Frühling und bleiben aktiv bis spät in den Herbst hinein. Die kleinen Blutsauger leben im Gras, auf Sträuchern und im Unterholz und warten dort auf Spaziergänger, Sportler, Jäger und andere Naturfreunde. Beim Vorbeigehen heften sie sich an die Kleidung und suchen nach einer unbedeckten Körperstelle.
Zeckenstiche sind alles andere als ungefährlich, da Zecken Krankheitserreger übertragen können. Das Landratsamt Amberg-Sulzbach weist gemeinsam mit Dr. Roland Brey vom Staatlichen Gesundheitsamt und dem LGL (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) auf die speziellen Gefahren hin.
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME, Europäisches Zeckenbissfieber) ist – nach der Lyme-Borreliose – die zweithäufigste zeckenübertragene Krankheit in Deutschland. Verursacht wird sie durch das FSME-Virus. Diese zeckenübertragene Virusinfektion, so das Landratsamt, rufe jedes Jahr zwischen 350 und 700 Erkrankungen in Deutschland hervor. In Bayern würden dem LGL seit mehreren Jahren rund 200 Fälle von FSME nach Infektionsschutzgesetz gemeldet. „Neben einer unkomplizierten grippalen Symptomatik, kann das Virus unter anderem zu einer Meningitis, Enzephalitis oder Myelitis (Hirnhaut-, Gehirn- oder Rückenmarksentzündung) führen. Eine Therapie existiert nicht, aber die Erkrankung kann wirksam durch eine Impfung verhindert werden“, informieren die Fachleute.
Seit 2017 sei in Bayern ein deutlicher Anstieg der FSME-Fallzahlen zu beobachten: In den Rekordjahren 2017-2020 wurden jeweils über 200 Infektionen für Bayern gemeldet. Die FSME trete vorwiegend in bestimmten Endemiegebieten wie in Süddeutschland (Baden-Württemberg, Bayern, Südhessen) sowie in Teilen von Österreich und der Schweiz, in Skandinavien und Osteuropa auf. Seit Beginn der Meldepflicht für FSME-Erkrankungen 2001 seien zunehmend mehr Regionen in Bayern zum FSME-Risikogebiet erklärt worden, informiert Dr. Roland Brey. „Große Teile Bayerns – 92 der 96 Landkreise und kreisfreien Städte – sind bereits FSME-Risikogebiet, darunter ist auch der Landkreis Amberg-Sulzbach.“ Um sich vor der schweren Infektionskrankheit zu schützen, empfehle die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut die FSME-Impfung allen Personen, die sich ständig oder zeitweilig in Risikogebieten in der Natur aufhalten und so Kontakt mit Zecken haben können. Aufgrund der hohen Verbreitung der FSME in Bayern gelte diese Empfehlung für nahezu alle in der Natur aktiven Personen.
Nicht jeder Stich einer infizierten Zecke führe zu einer Infektion, so Dr. Roland Brey vom Staatlichen Gesundheitsamt. Bei rund 30 Prozent der Infizierten träten Krankheitserscheinungen auf. Die Krankheit verlaufe in der Regel in zwei Phasen: Zunächst komme es zu grippeähnlichen Symptomen mit mäßigem Fieber (in der Regel nicht über 38 °C), Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwindelgefühl. Nach einem fieberfreien Intervall von etwa einer Woche bis 20 Tagen entstehe bei ca. 10 Prozent der Patienten eine Meningoenzephalitis (Hirnhaut- und Gehirnentzündung) mit Fieber, Erbrechen, Reizerscheinungen bis hin zum Koma. Vorwiegend bei älteren Patienten könne sich zusätzlich eine Rückenmarksentzündung entwickeln. In Einzelfällen bestehe die Gefahr von bleibenden neurologischen Ausfällen, meist in Form von Lähmungserscheinungen, Anfallsleiden oder lange andauernden Kopfschmerzen. Diese Symptome könnten oft erst Monate nach der Erkrankung auftreten. Häufig komme es jedoch selbst nach schweren Verläufen zur völligen Heilung. Schwere Krankheitsverläufe würden fast nur bei Erwachsenen beobachtet. Die FSME verlaufe bei ca. einem Prozent der Fälle mit Beteiligung des zentralen Nervensystems tödlich.
Was kann man gegen diese Krankheit tun? „Die FSME kann nicht ursächlich behandelt werden“, bedauert der Mediziner. Lediglich die Symptome könnten gelindert werden, etwa durch Fieber- und Schmerzmittel. Spätschäden ließen sich dadurch aber nicht verhindern. Da es keine ursächliche Therapie gegen die FSME gebe, stelle die Impfung – neben allgemeinen Abwehrmaßnahmen gegen Zecken wie lange Kleidung und Insektenabwehrmitteln – die einzige wirksame Schutzmaßnahme dar, verdeutlicht Dr. Brey. Für einen vollständigen Impfschutz für die Dauer von 3 bis 5 Jahren seien in der Regel 3 Impfungen im Zeitraum eines Jahres notwendig, wobei bereits nach den ersten 2 Impfungen ein zuverlässiger Schutz für ca. 1 Jahr bestehe. Die regelmäßig notwendigen Auffrischimpfungen im Abstand von 3 bis 5 Jahren (abhängig vom Alter und vom gewählten Impfstoff) sollten nicht vergessen werden. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für alle bayerischen Versicherten die Kosten.
2017 bis 2019, so die Mitteilung abschließend, seien in Bayern jeweils mehr als 200 Menschen an FSME erkrankt, in der vergangenen Saison wurde mit 280 Fällen ein neuer Rekord verzeichnet. Fazit von Dr. Roland Brey: „Diese schweren Erkrankungen könnten durch Impfung vermieden werden. Eine höhere Impfquote wäre daher wünschenswert.“
Bericht: Landratsamt Amberg-Sulzbach