AMBERG-SULZBACH. Das Coronavirus hält uns alle in Atem. Am Montag hatte Ministerpräsident Dr. Markus Söder den Katastrophenfall ausgerufen. Am Landratsamt Amberg-Sulzbach wurde daraufhin sofort ein Krisenstab unter Leitung von Landrat Richard Reisinger einberufen. Mittlerweile tagt die Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) mit Vertretern des Gesundheitsamtes und der Krankenhäuser sowie Mitarbeitern des Katastrophenschutzes nun regelmäßig im Landratsamt, bewertet die aktuelle Situation neu und trifft notwendige Entscheidungen.
Der Landkreischef spricht von einer „echten Bewährungsprobe“. „Das Coronavirus hält uns alle in Atem, eine Blaupause gibt es leider nicht“, sagt Reisinger. Er sieht keinen Grund zur Panik, gibt aber zu bedenken, dass Sorgfalt angebracht ist und „jeder von uns seinen Teil dazu beitragen kann, die Situation zu meistern“.
Landrat Richard Reisinger appelliert an das Miteinander in der Gesellschaft, um die exponentielle Entwicklung und Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. „Wir dürfen das nicht auf die leichte Schulter nehmen“, so Reisinger in der heutigen Sitzung der FüGK auch mit Blick auf Bilder aus dem Fernsehen, wonach sich trotz des Katastrophenfalls mit Betriebsuntersagungen und Veranstaltungsgeboten immer noch Menschen in Gruppen treffen. Als würde es das Coronavirus nicht geben. „Wir müssen jetzt vernünftig sein, das ist das Gebot der Stunde„, so Reisinger.
Das Landratsamt selbst ist seit Montag (16. März) für den Parteiverkehr geschlossen. Die Bürgerinnen und Bürger haben größtenteils dafür Verständnis und sich mit der Situation arrangiert. Das System funktioniert trotzdem. Vieles läuft telefonisch oder per Mail.
Ein Anlaufpunkt für die Bürgerinnen und Bürger ist das eigens eingerichtete Bürgertelefon am Landratsamt Amberg-Sulzbach. Heute sind es Laura Luber, Martin Meier und Michaela Wiehrl, die nahezu pausenlos die Fragen der Menschen beantworten oder die Anrufer an die entsprechenden Sachgebiete weiterleiten. Von business as usual keine Spur. Die Drähte glühen heiß.
„Es geht allen gut“
Ebenfalls telefonisch läuft derzeit alles beim Gesundheitsamt Amberg/Amberg-Sulzbach. Die Apparate stehen dort nicht still. Und das seit Wochen, wie Leiter Dr. Roland Brey mitteilt. Keine Spur vom sonst üblichen Routinebetrieb, es herrscht Krisenmodus. Zusätzliches Personal wurde vom Landratsamt Amberg-Sulzbach abgestellt, um die Arbeit bewältigen zu können.
Mittendrin im Geschehen ist Irene Hug. Sie und ihre Sozialpädagogen kontaktieren jeden Tag die Menschen, die sich in häuslicher Quarantäne befinden. Das sind aktuell für die Stadt Amberg und den Landkreis Amberg-Sulzbach, für die das Gesundheitsamt zuständig ist, um die 50 Menschen. Die Zahl ändert sich täglich. „Es geht allen soweit gut“, freut sich Irene Hug. Lediglich die Kinderbetreuung ist hie und da Thema. Einmal am Tag telefonieren Irene Hug und ihre Kollegen mit den Menschen in Quarantäne, fragen, wie es ihnen geht, um abschätzen zu können, ob sie einen Arzt benötigen oder soweit alles in Ordnung ist. Dazu führt jeder der Betroffenen Tagebuch und misst zweimal am Tag die Temperatur. Zudem wird abgeklärt, ob Erkältungssymptome vorhanden sind und mit wem sie Kontakt hatten. „Bis jetzt passt glücklicherweise alles“, sagt Hug. Einen Lagerkoller hätte bislang noch keiner der Menschen, die sich in Quarantäne befinden. Und auch die Versorgung klappt. Ein Unterstützungsnetz ist entstanden und wächst weiter. Engpässe gibt es nicht. „Die Menschen, die sich aktuell in häuslicher Quarantäne befinden, haben größtenteils ein funktionierendes soziales Netzwerk“, sagt Hug. Nachbarschaftshilfe und Nächstenliebe, das ist es, was die derzeitige Situation erfordert. Ein soziales Miteinander, ganz unbürokratisch. Ein Appell, den auch Landrat Richard Reisinger propagiert. Allerdings mit Vernunft und Fürsorgepflicht. Für den Nachbarn einkaufen ist okay, aber bitte auch den notwendigen Abstand einhalten, betont der Landkreischef.
Dank an Helferinnen und Helfer
Nichts desto trotz ist Reisinger begeistert vom Zusammenhalt im Amberg-Sulzbacher Land. Hervorragendes leisten in dieser Hinsicht auch viele Vereine und private Initiativen, die quer über den Landkreis verteilt sind und echte Mitmenschlichkeit leben. „Da wird einem erst bewusst, wie wertvoll unsere gewachsene Vereinsstruktur ist“, betont Reisinger. In guten Zeiten bieten sie diverse Freizeit-, Sport- und karitative Aktivitäten, in Notzeiten tragen sie in erheblichem Maße zum Funktionieren der lokalen und regionalen Gesellschaften bei. Innere Werte wie Fairness, Verlässlichkeit und Miteinander werden von jeher im Vereinsleben gefordert und gefördert. Egoismus und Einzelgängertum funktionieren nicht. Stattdessen sind Verantwortung und Teamgeist gefragt. Und der ist es auch, der in Krisenzeiten trägt. „Eine humanitäre Gesellschaft lebt vom sozialen Miteinander und beweist ihre innere Qualität in der Fürsorge für die Ärmsten und Schwächsten“, so Reisinger.
Das sind in der Corona-Krise vor allem Seniorinnen und Senioren, chronisch Kranke und Menschen mit Vorerkrankungen. Alle Experten und Empfehlungen der Gesundheitsämter raten dringend dazu, jetzt zuhause zu bleiben und Kontakte zu meiden. Damit für sie gesorgt ist, kümmern sich in den Gemeinden die jeweiligen Seniorenbeauftragten. Sie sind die ersten Ansprechpartner vor Ort, an die sich die älteren Menschen mit ihren Fragen wenden können. Übergeordnet ist die Koordinationsstelle des seniorenpolitischen Gesamtkonzepts des Landkreises Amberg-Sulzbach. Hier behält man alle Initiativen im Blick und fördert den Netzwerkgedanken. Darüber hinaus sind Einrichtungen wie die AOVE, Seniorenmosaik, ambulante Pflegedienste, Serviceleister für hauswirtschaftliche Leistungen und viele mehr im Einsatz, um den Alltag der Risikogruppen meistern zu helfen. „Mein besonderer Dank gilt all den Menschen, die beruflich oder ehrenamtlich mithelfen, das Beste aus der Situation zu machen. Egal, an welchem Platz sie stehen. Dafür Vergelt’s Gott“.
Wie lange die Situation anhalten und das Coronavirus uns in Atem halten wird, darüber kann aktuell nur spekuliert werden. Auf Prognosen lässt sich Landrat Richard Reisinger nicht ein: „Das können Virologen und andere Experten besser einschätzen“. Sein Ziel ist es, die Landkreisbevölkerung gut durch die Corona-Krise zu führen. Und seine Hoffnung: Dass sich möglichst wenige Menschen hier bei uns im Amberg-Sulzbacher Land mit dem Virus infizieren und ernsthaft daran erkranken. Und dass sich unser aller Leben schnellstmöglich wieder normalisiert, weil wir das Virus besiegt haben.
Bericht: Landratsamt Amberg-Sulzbach