BAYERN. „Bayern kommt gut durch die Krisen: Wirtschaft und Arbeitsmarkt haben sich nach der Corona-Pandemie erholt und auch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs können gut abgefedert werden,“ lautete die Einschätzung von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei der Vorstellung des Statistischen Jahrbuchs für Bayern 2022 in Fürth. Laut Herrmann stieg im ersten Halbjahr 2022 das Bruttoinlandsprodukt in Bayern preisbereinigt um 2,9 Prozent. Hinzu kommt, dass Bayern erneut die niedrigste Arbeitslosenquote aller Bundesländer hatte: Mit 3,5 Prozent im Jahr 2021 und mit 3,1 Prozent 2022 ist sie erheblich geringer als die gesamtdeutsche von 5,7 beziehungsweise 5,3 Prozent. „Gleichzeitig hat die Erwerbstätigkeit noch einmal zugenommen und erreicht mit 7,78 Millionen Erwerbstätigen im zweiten Quartal 2022 neue Rekordwerte. Damit wurden die Werte des Vorpandemiejahres 2019 erstmals wieder übertroffen“, freute sich Herrmann.
Und auch der Blick auf die weiteren für die Wirtschaft wichtigen Kenngrößen bestätigt den Erholungskurs der bayerischen Wirtschaft: Die bayerische Industrie hat ihr Investitionsvolumen ausgeweitet: 2021 wurden 198 Millionen Euro mehr in den bayerischen Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes investiert als noch 2020 (+1,6 Prozent auf 12,8 Milliarden Euro). Die Auslandsumsätze nahmen in den ersten zehn Monaten 2022 um über 15 Prozent auf mehr als 190 Milliarden Euro zu und auch im Dienstleistungsbereich stieg der Umsatz im dritten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um gut 11 Prozent.
Bei den Umsätzen der bayerischen Industrie zeigte sich in den ersten zehn Monaten des Jahres 2022 ein deutliches Plus zum Vorjahr um 14,7 Prozent auf 337,4 Milliarden Euro. Verantwortlich für das hohe nominale Wachstum sind laut Herrmann jedoch vor allem Preissteigerungen, denn das Produktionsvolumen im Freistaat ist in diesem Zeitraum um 2,1 Prozent zurückgegangen: Stark betroffen war hier mit einem kräftigen Minus von 11,2 Prozent die Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, was vor allem an den unterbrochenen Lieferketten aufgrund des Ukraine-Kriegs und dem globalen Mangel an Halbleitern liegt, erläuterte der Innenminister.
Positive Nachrichten gibt es von der bayerischen Tourismusbranche: „Nach den coronabedingten Einbrüchen setzt sich der Aufschwung im Tourismus fort“, so Herrmann. Von Januar bis Oktober 2022 vermeldeten die Beherbergungsbetriebe in Bayern spürbare Steigerungen sowohl bei den Gästeankünften um 73,7 Prozent (29,5 Millionen) als auch bei den Übernachtungen um 50,9 Prozent (80,5 Millionen) gegenüber den Werten des Vorjahreszeitraums. Im August konnten die bayerischen Beherbergungsbetriebe sogar mehr Übernachtungen (12,1 Millionen) verbuchen als im bisherigen Rekordjahr 2019 (11,6 Millionen im August 2019). Als sehr erfreulich bezeichnete es Herrmann, dass in diesem Jahr auch wieder deutlich mehr ausländische Gäste nach Bayern kommen: „Hier verzeichnen wir ein Plus von 169 Prozent. Dies zeigt deutlich: Bayern ist und bleibt ein sehr beliebtes Reiseziel und das gilt für alle Regionen des Freistaats.“
Über interessante Entwicklungen konnte Herrmann auch im Bereich der Mobilität berichten: „Der Trend geht zu deutlich mehr Elektroautos.“ Zum Stichtag 1. Januar 2022 sei der Anteil von Hybrid- und Elektrofahrzeugen in Bayerns PKW-Bestand gegenüber dem Vorjahr von 3,0 auf 5,2 Prozent gewachsen. „Noch eindrucksvoller haben sich die Neuzulassungen von Januar bis September 2022 entwickelt: Von insgesamt 388.946 PKW war knapp die Hälfte bereits mit alternativen Antriebstechnologien ausgestattet (184.729).“ Die rein elektrisch betriebenen Fahrzeuge konnten laut Herrmann gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit einem Plus von 19,8 Prozent auf 54.642 PKW den stärksten Zuwachs verzeichnen. Für Herrmann ist das eine „Entwicklung in die richtige Richtung“, denn bei 4,4 Millionen Pendlern im Freistaat sei klar, dass das Auto unverzichtbar sei. „Umso wichtiger sind effiziente klimafreundliche Antriebsquellen, die vor allem auch lokal in Großstädten keine Abgase produzieren.“
Als wenig erfreulich bezeichnete Herrmann den Blick auf die Inflationsrate: „Mit 11 Prozent wurde im Oktober 2022 ein Höchstwert erreicht, der den alten Höchststand aus den 1970er Jahren von 8,2 Prozent bei weitem übertroffen hat. Ursächlich hierfür sind die stark gestiegenen Energiepreise, insbesondere seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine“, so der Innenminister. Der Verbraucherpreise lagen im November im Vergleich zum Vorjahresmonat immer noch um 10,9 Prozent höher.
Dass der Ukraine-Krieg sich auch auf das Leben im Freistaat auswirkt, spiegelt sich nach Herrmanns Worten insbesondere in der Bevölkerungsstatistik wider: „Zum 30. September 2022 lebten rund 13,35 Millionen Menschen (13.350.608) in Bayern. Das sind 173.619 Menschen mehr als Ende 2021“, erklärte Herrmann, der als Grund für die Bevölkerungszunahme vor allem die Fluchtbewegung aufgrund des Ukrainekriegs nannte. Die knapp 132.000 ukrainischen Kriegsflüchtlingen machen fast 70 Prozent des diesjährigen Wanderungsgewinns aus dem Ausland aus. In den ersten neun Monaten 2022 lag dieser insgesamt bei 192.600 Personen (Vergleichszeitraum 2021: 41.405). Bei der natürlichen Bevölkerungsentwicklung gab es in diesem Zeitraum hingegen ein Defizit von rund 16.500 (93.577 Geburten, 110.028 Todesfälle). Während 2021 noch 134.300 Kinder geboren wurden – der höchste Wert seit 1991 – lasse sich in den ersten neun Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Geburtenrückgang feststellen (2022: 93.577, 2021: 101.616).
Bericht: Bayerisches Innenministerium