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Herrmann: Bundesregierung stellt Deutschland ins sportpolitische Abseits

Rahmenbedingungen für Spitzensportförderung unklar

Symbolbild
Quelle: flickr.com/photos/_dchris/

BAYERN. Sportminister Joachim Herrmann, Vorsitzender der Sportministerkonferenz, hat das Vorgehen der Bundesregierung bei der Reform der Spitzensportförderung, ihre Untätigkeit bei Investitionen in Sportstätten und ihre unklare Haltung in Sachen Olympiabewerbung massiv kritisiert: „Die Bundesregierung stellt Deutschland ins sportpolitische Abseits. Es fehlen nicht nur zusätzliche Investitionen, für mehrere Projekte hat die Bundesinnenministerin offensichtlich haushaltspolitisch überhaupt keine Rückendeckung. Und der groß im Koalitionsvertrag angekündigte „Entwicklungsplan Sport“ stellt sich bislang als Nullnummer heraus.“
Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, „bessere Rahmenbedingungen für den Spitzensport“ zu schaffen und – als Kernstück der Reform – eine „unabhängige Instanz zur Mittelvergabe“ einzurichten. Bereits vorgestern hätte hierzu endlich der Entwurf eines Spitzensportfördergesetzes mit den Ländern auf politischer Ebene erörtert werden sollen. Der Termin sei längst überfällig, „besonders, weil das geplante Gesetz auch Auswirkungen auf den Nachwuchsleistungssport erwarten lässt, der in der Zuständigkeit der Länder liegt“. Herrmann kritisierte nach der Absage des geplanten Termins den Bund scharf: „Es ist nicht klar, wohin der Bund in der Spitzenförderung überhaupt will. Die Ziele, die Rahmenbedingungen, die Finanzierung – alles nicht geklärt, obwohl die Länder von Beginn an eindringlich appelliert hatten, eine neuerliche Leistungssportreform zielgeleitet und evaluationsbasiert anzugehen. Offensichtlich fehlt der Bundesinnenministerin auch die haushaltspolitische Rückendeckung für die Spitzensportförderung.“

So entsteht bei Herrmann der Eindruck, dass es dem Bund ausschließlich darum gehe, eine vermeintlich unabhängige „Agentur zur Spitzensportförderung und -steuerung“ zu schaffen, um damit schnellstmöglich die Verantwortung für den Einsatz seiner Sportfördermittel abgeben zu können. „Die hierfür entscheidenden Grundsatzfragen sind aber noch überhaupt nicht geklärt: Welche strategischen Vorgaben gelten für diese Agentur, welche Entscheidungskompetenzen soll sie haben? Worin die vielfach zitierte „Unabhängigkeit“ der Agentur tatsächlich bestehen soll, ist nach wie vor unklar“, sagt Herrmann. Nicht umsonst habe es auch von Seiten des Haushaltsausschusses und des Bundesrechnungshofes heftigen Gegenwind gegeben.
Wenig erwartet Herrmann auch vom sogenannten zweiten Bewegungsgipfel, der am 12. März 2024 in Berlin stattfinden soll. Im Koalitionsvertrag habe die Bundesregierung einen „Entwicklungsplan Sport“ mit einer ausgeweiteten Investitionsoffensive nicht nur für Sportstätten angekündigt. „Nach über einjähriger Arbeit einer Vielzahl von Experten an diesem Entwicklungsplan und an einem separat vom Bundesgesundheitsminister gegründeten „Runden Tisch Bewegung und Gesundheit“ hat der Berg gekreißt und eine Maus geboren. Das Ergebnis ist ernüchternd, der Plan ein ‚Katalog an Beliebigkeiten’“, wie der DOSB zitiert wird. Kürzungen im Bundeshaushalt, wie etwa bei der energetischen Sanierung kommunaler Sporteinrichtungen, konterkarierten den Plan. „Der Bund will zwar die Länder beaufsichtigen und koordinieren, von bundesseitig kraftvollen Investitionen – die in der Tat notwendig wären – ist im bislang vorgelegten Entwurf weit und breit nichts zu lesen“, kritisiert Herrmann. Bayern lehne wie andere Länder den Plan ohne substanziellen Mehrwert und ohne nennenswerte Bundesförderprogramme ab.

Ein ähnliches Vorgehen unterstellt der bayerische Sportminister dem Bund auch bei anderen sportpolitischen Großprojekten, wie zum Beispiel beim vom Bund geplanten „Zentrum Safe Sport“. „Auch hier wird ein aufwendiger Prozess aufgesetzt, aber offensichtlich lediglich um des Prozesses willen – alles heiße Luft. Viele grundsätzliche Fragen sind nicht beantwortet, es fehlt auch hier eine klare haushaltspolitische Rückendeckung seitens des Bundes.“ Ebenso unentschlossen, unklar und ohne Verbindlichkeiten gehe der Bund das Thema einer möglichen deutschen Bewerbung für Olympia an.
Herrmanns Fazit: „So verspielt man das Vertrauen nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Die Bundesregierung wollte den Spitzen- und Breitensport in Deutschland stärken – aktuell schwächt sie ihn! Es wird allerhöchste Zeit für eine Kehrtwende.“

Bericht: Bayerisches Innenministerium

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