FREISING / SUGENHEIM. Da staunten Julia Landgrebe und Hannes Lemme, zwei Forscher der Abteilung Waldschutz der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und Reinhard Pimmer, Revierförster am AELF Fürth-Uffenheim nicht schlecht: Bei einem Ortstermin in Sugenheim im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim wurden sie plötzlich von einem großen Bockkäfer angeflogen. Überraschend für Wissenschaftler und Förster: Bei dem Käfer handelte sich um den Breitschulterbock (Akimerus schaefferi), eine Art, die in Deutschland vom Aussterben bedroht ist. Der Fund des extrem seltenen Käfers in Mittelfranken ist ein Grund zur Freude.
Leider kein Grund zur Freude ist der Gesundheitszustand des Eichenwaldes, in dem der Käfer gefunden wurde. Wie in vielen weiteren Teilen Frankens macht der Klimawandel den Waldbäumen auch im Gemeindewald von Sugenheim zu schaffen. Viele Bäume sterben aufgrund der Hitze oder und der daraus resultierenden Trockenheit oder durch starken Insektenfraß – zum Beispiel durch den Schwammspinner – ab. Die LWF beobachtet die Entwicklungen in dem Wald bei Sugenheim genau. Viele der Alteichen sind bereits abgestorben und noch immer ist kein Ende in Sicht.
Die erheblichen Mengen an Totholz sind jedoch für manche Tier- und Pflanzenarten von Vorteil. So ist es auch beim gefundenen Breitschulterbock: Er profitiert von absterbenden Bäumen und offenen Waldstrukturen. Seit 2019 wird vermutlich deshalb auch wieder häufiger von Einzelfunden berichtet. Allerdings, wenn Waldbestände wie in Sugenheim heller und wärmer werden, beschleunigt das noch den Absterbeprozess der alten Bäume. Wenn aber zu viele Bäume ausfallen, gehen auch die Strukturen wieder verloren, die der Breitschulterbock braucht. Es kommt also ganz entscheidend darauf an, die Wälder strukturreich zu gestalten. Durch eine nachhaltige Bewirtschaftung, die sowohl den Schutz der Bestände als auch den der darin vorkommenden Arten zum Ziel hat, versuchen Förster und Waldforscher unsere Wälder mit all ihren Funktionen für zukünftige Generationen erhalten werden – auch für den Breitschulterbock.
Der 15-24 mm große Breitschulterbock (Akimerus schaefferi) hat, wie sein deutscher Name schon vermuten lässt, einen kräftigen Körperbau und breite Schultern. Die Männchen sind einfarbig rotbraun, die Weibchen können rotbraun oder schwarz sein und haben eine helle Querbinde auf den Flügeldecken. Der Vorderkörper und die Hinterseite des Unterleibs sind goldgelb behaart.
Die Käfer sind tagaktiv und umfliegen von Juni bis Juli bei Sonnenschein die Wipfel ihrer Brutbäume. Dort erfolgt die Paarung. Die Eier werden an Wurzeln von Eichen abgelegt, die Larven entwickeln sich unterirdisch in abgestorbenen Wurzeln alter Bäume oder Stümpfe. Die Entwicklung dauert mindestens drei Jahre.
Der Breitschulterbock gilt als Waldart und bevorzugt wegen seiner Wärmeansprüche offene, lichte Waldstrukturen. Vermutlich kann sich der Breitschulterbock nur an Eichenarten entwickeln, vielleicht auch an Hainbuchen, Rotbuchen, Linden oder Ulmen. In Deutschland ist der Käfer laut Rote Liste vom Aussterben bedroht.
Bericht: LWF