Stadtarchivar und Bürgermeister Preuß präsentieren das filigrane Zahlungsmittel
AMBERG. Welche Kommune träumt nicht davon, ihr Geld selbst herzustellen? Dass solche Wünsche zu Beginn der 1920er Jahre für kurze Zeit wahr wurden, lag allerdings an wenig traumhaften Zeiten. Schon während des Ersten Weltkriegs war es zur Zahlungsmittelknappheit im Deutschen Reich gekommen, die die Reichsbank mit zahlreichen Maßnahmen zunächst nur lindern konnte. Deshalb nahmen Gemeinden und Unternehmen das Problem vielfach in die eigene Hand – so auch die Stadt Amberg.
Diese Tatsache riefen jetzt Ambergs Zweiter Bürgermeister Martin J. Preuß und der Leiter des Stadtarchivs Dr. Andreas Erb in Erinnerung. Dazu hatte der Archivar das exakt vor 100 Jahren herausgegebene Amberger „Stadtgeld“ aus Porzellan samt des dazugehörigen Schriftverkehrs aus dem Bestand heraussuchen lassen. „Einige dieser Stücke werden künftig auch im Amberger Stadtmuseum zu sehen sein“, gab Dr. Erb bekannt und berichtete, dass diese Leihgabe im Rahmen eines neu in Angriff genommenen Objektaustauschs zwischen den beiden Einrichtungen erfolgt sei.
Für Bürgermeister Preuß sind diese Porzellanmünzen ganz besondere Schmuckstücke aus der reichhaltigen Amberger Schatztruhe. „Objekte wie diese tragen erheblich dazu bei, die Historie unserer Stadt erleb- und begreifbar zu machen“, freute er sich. Die Geschichte des Porzellangeldes hatte bereits im Jahr 1917 ihren Anfang genommen. Damals gab die Porzellanfabrik Philipp Rosenthal in Selb Kleingeldersatzmarken aus diesem Werkstoff für innerbetriebliche Zwecke aus.
Die Mangelsituation war jedoch buchstäblich nur eine Seite der Medaille. Früh erkannten viele, dass die Herstellung und Ausgabe von eigenem Geld auch im Hinblick auf Sammler lukrativ sein konnte. Dies traf auch auf die Stadt Amberg zu, als sie bei der Porzellanmanufaktur in Meißen ihre eigenen Münzen bestellte. Deshalb wählte man im März 1921 anstelle reiner Zahlenangaben und Hoheitszeichen als Motiv die Martinskirche, deren 500jähriges Jubiläum in diesem Jahr gefeiert wurde.
Daran hielt man auch fest, als die Porzellanmanufaktur auf die Herstellungsprobleme des sehr filigranen Entwurfs hinwies und stattdessen eine standardisierte Fertigung vorschlug. Schließlich kam eine von 18 auf 23 Millimeter Durchmesser vergrößerte und vereinfachte Darstellung des Kirchturms zur Ausführung, von der 200.000 Exemplare im Wert von jeweils 25 Pfennig bestellt und produziert wurden. Um die Münzen zum Kirchfest am 19. Juni absetzen zu können, drängte der Stadtrat auf eine schnelle Lieferung.
Der Traum vom eigenen Geld währte indes nur kurz, denn schon im Juli 1921 verbot der Freistaat Bayern die Ausgabe neuen Notgelds wieder und ordnete eine Einziehung im Folgejahr an. Noch im gleichen Jahr wurden die gelieferten Stücke auf den Sammlermarkt gebracht, wo sie laut einer Abrechnung im April 1923 einen Reingewinn von knapp 10.000 Mark erzielten – einschließlich der Erträge für insgesamt 69 Münzen, die in dieser Zeit zerbrochen waren.
Doch die galoppierende Inflation verschlang den Gewinn sehr schnell. „Das zeigt, dass die Hoffnungen der städtischen Verantwortlichen auf leicht verdientes Geld nicht weniger fragil waren als die Münzen selbst“, stellte Stadtarchivar Dr. Andreas Erb mit verschmitztem Lächeln fest – und machte damit alle Hoffnungen zunichte, auch in unseren Tagen das leere Stadtsäckel auf diese Art und Weise wieder etwas auffüllen zu können.
Bericht: Stadt Amberg