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Herrmann stellt Verfassungsschutzinformationen für das erste Halbjahr 2023 vor

Bayerisches Innenministerium
Bildnachweis: Bayerisches Innenministerium

BAYERN. „Die Schnittmengen zwischen den verschiedenen extremistischen Szenen nehmen zu. Mit teils verblüffend ähnlicher Propaganda, Symbolen und Argumenten versuchen Extremisten unterschiedlicher Ausrichtung politische und gesellschaftliche Entwicklungen verstärkt in ihrem Sinne zu beeinflussen.“ Dies sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei der Vorstellung der Verfassungsschutzinformationen für das erste Halbjahr 2023. „Gemeinsames Feindbild ist unser pluralistischer Staat, der auf vielfältige Weise in Misskredit gebracht werden soll. Dabei geraten aktuell nicht nur Migranten, sondern auch Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in das Zentrum von Hass und Hetze“, so der Minister. „Derartige parallele und überschneidende Entwicklungen führen dazu, dass demokratiefeindliche und gesellschaftsspaltende Aussagen immer weiter in den bürgerlichen Diskurs eindringen“, warnte Herrmann. „Hier zeigt sich, wie wichtig die Arbeit unserer Verfassungsschützer ist. Mit den Änderungen im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz haben wir die rechtlichen Grundlagen an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst.“

Zu den einzelnen Phänomenbereichen führte Herrmann aus:
Im Bereich des Rechtsextremismus liege ein inhaltlicher Schwerpunkt neben der Herabwürdigung der queeren Community auf Hass und Hetze gegen Flüchtlinge. „Mit unsachlicher Propaganda und öffentlichkeitswirksamen Kampagnen versuchen die Extremisten, in der Bevölkerung pauschale Angst und Ablehnung vor Asylbewerbern als angeblich unkalkulierbares Sicherheitsrisiko zu schüren. Von in 2023 bislang erfassten 236 rechtsextremistischen Straftaten entfallen 18 auf Gewaltdelikte (Ende 2022: 787 Straftaten, darunter 23 Gewaltdelikte).“
Im Unterschied zur rechtextremistischen Szene steige bei Reichsbürgern und Selbstverwaltern das Personenpotenzial weiter an: „In den ersten sechs Monaten 2023 wurden in Bayern 5.505 Personen als Reichsbürger identifiziert, das sind 145 Personen mehr als zum Ende 2022“, erläuterte Herrmann. „Bis zu 470 Anhänger zählen zum „harten Kern“ und 450 Personen gelten als gewaltorientiert, wobei sich dies in der Mehrzahl in Erpressungsdelikten oder in gewaltbefürwortenden Äußerungen niederschlägt.“ Auch die Waffenaffinität der Szene sei nicht zu unterschätzen. „Unsere Sicherheitsbehörden gehen daher konsequent vor und prüfen systematisch waffenrechtliche Erlaubnisse und entziehen diese, wo immer möglich“, bekräftige Herrmann. Bis zum 31. Dezember 2022 konnte gegen 443 Personen ein Widerrufsverfahren eingeleitet werden. Dabei wurden 525 waffenrechtliche Erlaubnisse widerrufen oder freiwillig abgegeben, mehr als 1.000 Waffen wurden eingezogen oder abgegeben.
Der linksextremistischen Szene gelinge es bei Großveranstaltungen immer seltener, hohe Teilnehmerzahlen zu generieren. Dies sei zuletzt auch beim sogenannten „Tag X“ deutlich geworden, die angekündigte Massenmilitanz sei dort ausgeblieben, so Herrmann. Allerdings schreite in einem kleinen Teil der linksextremistischen Szene die Gewaltbereitschaft und Radikalisierung voran. „Der Anteil der Gewalttaten an der Gesamtzahl linksextremistischer Straftaten ist nach wie vor hoch, in den ersten sechs Monaten liegt er bei rund zwölf Prozent.“ Zu befürchten sei, dass sich dieser Trend weiter fortsetzt, so der Minister. Mit Blick auf die Klimaschutzthematik versuche die Szene sowohl mittelbar von den Protesten der „Letzten Generation“ zu profitieren als auch deren Aktivisten zu radikalisieren – bislang jedoch erfolglos.
Besondere Sorge bereiten Herrmann die zunehmenden nachrichtendienstlichen Aktivitäten Russlands seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Zu den Bestrebungen Russlands zählen weiterhin auch die Verbreitung von Propaganda und Desinformation, um die politische und öffentliche Meinung zu beeinflussen. Zudem steht Deutschland seit Jahren im Fokus chinesischer Spionage- und Einflussnahme-Aktivitäten. „Der Verfassungsschutz beobachtet verstärkt großangelegte und gut koordinierte chinesische Cyberkampagnen gegen Regierungsnetzwerke und Unternehmern, besonders aus der Verteidigungsindustrie und gegen Forschungseinrichtungen.“ Das langfristige Ziel Chinas sei, die digitale Souveränität der westlichen Staaten zu unterwandern.
Mit Blick auf den islamistischen Terrorismus warnte Herrmann: „Die Bedrohungslage ist nach wie vor da! Radikalisierte Einzeltäter oder zielgerichtet eingeschleuste Gruppen sind Willens und in der Lage, Terroranschläge in Deutschland zu begehen. Hier haben wir es der Wachsamkeit unserer Sicherheitsbehörden zu verdanken, dass erst vor wenigen Wochen zwei Anschlagsplanungen aufgedeckt wurden.“

Bericht: Bayerisches Innenministerium

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