REGENSBURG. Das Ergebnis des EU-Gipfeltreffens sei unerwartet weitreichend und passabel: So äußerte sich Tobias Gotthardt, Vorsitzender des Europaausschusses und stellvertretendes Mitglied im Europäischen Ausschuss der Regionen, am Freitag in München. Gotthardt sagte: „Ja, Europa schaut nach vorne – und es geht miteinander einen konsequenten, es geht den bayerischen Weg.“
Klar sei: „Egal in welchem Land, egal in welcher Form – die zu unserem Schutz getroffenen Einschränkungen von Freiheiten und Grundrechten müssen immer neu, immer wieder auf den Prüfstand. Das ist unsere verdammte Pflicht als Demokraten. Wir in Europa wollen gesund leben – und frei. Die schon Anfang April vereinbarten Sicherheitsnetze für Arbeitnehmer, Unternehmen und Staaten in Form eines Pakets im Umfang von 540 Mrd. Euro sind eine Soforthilfe, die direkt wirkt. Europa macht klar: Diesmal sind die Menschen systemrelevant. Eine Botschaft, die – wie bei uns in Bayern – hoffentlich ankommt.“
Bayerischer Weg heißt laut Gotthardt: „Europa braucht jetzt starke, massive Instrumente – einen mutigen Marshallplan, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Und es braucht Teamgeist. Dieser Wiederaufbau wird kein Wandelgang im Englischen Garten, es wird eine Klettertour aufs Nebelhorn. Jetzt gilts: Ein fester Schritt nach dem anderen, gegenseitig sichern und keine Alleingänge – dann kommen wir ans Ziel. Und wachsen an der Herausforderung.“
Mit der grundsätzlichen Einigung auf den „Erholungsfonds“ seien auch die nächsten Meilen des sicherlich steinigen Weges abgesteckt – die enge Bindung an den Mehrjährigen Finanzrahmen entspreche deckungsgleich Gotthardts Erwartungen. „Alles muss auf diesen Prüfstand: Rund 1,2 Billionen Euro im Corona-TÜV. Das ist ein Signal. Ich begrüße für Bayern den Schwerpunkt auf die Wiederherstellung des europäischen Binnenmarktes. Geschlossene Grenzen sind Gift für unsere europäische Idee. Es braucht ein ambitioniertes und gemeinsames Grenzregiment, keinen Flickenteppich. Lieferketten sind wieder herzustellen, Arbeitsmärkte für Pendler zu öffnen: Schengen schreit nach Renaissance – gerade in Bayern mit den beiden wichtigen Handelspartnern Tschechien und Österreich.“
Eine wichtige Folgerung aus den Problemen dieser Krise sei das Stichwort der „Strategischen Autonomie“. „Auch, wenn die EU es erst noch konkretisiert: „Medikamente made in EU“ muss, wie von mir wiederholt vorgeschlagen, einen großen Stellenwert einnehmen. Ich meine: Ein Drittel der öffentlichen Beschaffung in Europa aus Europa – das ist mittelfristig möglich. Was den Exit-Fahrplan betrifft, begrüße ich den ambitionierten Ansatz, neue Normalitäten bis zur Urlaubssaison zu schaffen. Es macht Hoffnung. Allerdings wird das – genauso wie die so wichtige Wiederöffnung unserer Grenzen – nur mit einem Impfstoff gelingen. Dessen Zulassungsverfahren gilt es im Rahmen medizinischer Verantwortung so kurz als irgend möglich zu gestalten: Nur so setzen wir Corona schnell Schachmatt. Unsere Gesundheit und unsere Freiheit fordern jetzt einen festen Schritt und den weisen Mut im Team der europäischen Politik.“
Dem europäischen Ausschuss der Regionen gehört Gotthardt als parlamentarischer Stellvertreter von Staatsminister Herrmann an. Der europäische Ausschuss der Regionen (AdR) ist die EU-Institution, die die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europas vertritt und ihnen „ein förmliches Mitspracherecht bei der Gesetzgebung in Europa“ gibt.
Bericht: Tobias Gotthardt