OBERPFALZ. Elektrofahrzeuge wie E-Scooter, Pedelecs und E-Bikes haben sich mittlerweile auch in der Oberpfalz fest als neue Verkehrsmittel etabliert. Sie vereinen Umweltbewusstsein und Flexibilität und sind aus dem Straßenverkehr nicht mehr wegzudenken. Dabei erfreuen sie sich der Beliebtheit bei allen Generationen. Aus polizeilicher Sicht sind jedoch auch Herausforderungen festzustellen.
Themenbewusstsein – Verkehrsteilnehmer und Polizei zusammen für ein sicheres Miteinander!
Oberstes Ziel der Oberpfälzer Polizei ist es, Verkehrsunfälle und das damit einhergehende Leid bei den Beteiligten, Helfern und Angehörigen zu vermeiden. Hierzu betreibt sie sowohl Verkehrsüberwachung als auch Prävention, mit der sie auf das Thema aufmerksam machen will. Dabei ist festzustellen, dass die Fahrer von E-Fahrzeugen teils noch wenig über die rechtliche Einordnung ihrer Gefährte und die Risiken bei der Teilnahme am Verkehrsgeschehen wissen. Um die Nutzung möglichst sicher zu gestalten und damit nicht zuletzt auch den Fahrspaß zu erhalten, möchte das Polizeipräsidium Oberpfalz dieses Thema in den Fokus rücken und einen Überblick zu den wichtigsten elektrisch betriebenen Fahrzeugarten (mit Ausnahme der E-Autos) geben. Damit soll letztlich jeder Verkehrsteilnehmer selbst in die Lage versetzt werden, durch rechts- und risikobewusstes Verhalten zu einem sicheren Miteinander beizutragen.
Rechtsbewusstsein – Die Fahrzeugklasse ist entscheidend!
Zunächst zeigt folgende Abbildung die rechtliche Einordnung der unterschiedlichen Fahrzeugklassen. Diese schlägt sich in teils deutlich unterschiedlichen Vorschriften nieder, von denen einige der wichtigsten dargestellt werden.
Elektrokleinstfahrzeuge (z. B. E-Scooter, Segway) | Pedelecs | E-Bikes | S-Pedelecs | |
Fahrzeugart | Kraftfahrzeug | Fahrrädern gleichgestellt | Kraftfahrzeug (Mofa) | Kraftfahrzeug (Kleinkraftrad) |
Leistung | Bis zu 20km/h | Bis zu 25km/h Motorleistung nur mit Pedalunterstützung möglich Anfahr-/Schiebehilfe bis max. 6 km/h | Bis 25km/h Ohne Pedalunterstützung möglich | Bis zu 45 km/h Tretunabhängiger Motor |
- Verkehrsflächennutzung
E-Scooter dürfen nur auf Radwegen genutzt werden. Ist kein Radweg vorhanden, ist die Fahrbahn zu nutzen. Das Fahren auf Gehwegen ist verboten. E-Scooter dürfen des Weiteren im verkehrsberuhigten Bereich fahren, in Fußgängerzonen allerdings nur, wenn dort das Schild „E-Scooter frei“ montiert ist.
Pedelec-Nutzer haben nur dann die Pflicht auf Radwegen zu fahren, wenn ein Schild „Radweg“ angebracht ist.
E-Bikes dürfen innerorts nur auf Radwegen geführt werden, wenn dort ein Schild „E-Bikes frei“ angebracht ist. Außerorts gilt die Radwegbenutzungspflicht, soweit die Kennzeichnung vorhanden ist.
S-Pedelec-Fahrer müssen die Fahrbahn benutzen und dürfen nicht Wege befahren, die mit dem Schild „Verbot für Krafträder“ gekennzeichnet sind.
In Einbahnstraßen, in denen das Befahren in Gegenrichtung für Fahrräder freigegeben ist, darf mit E-Bikes und S-Pedelecs nicht gefahren werden, da sie Fahrrädern nicht gleichgestellt sind. Für E-Scooter gilt das gleiche Verbot!
- Helmbenutzung
Grundsätzlich gilt die Pflicht zum Tragen eines Helmes nur auf E-Bikes und S-Pedelecs. Allerdings empfiehlt die Polizei dringend, auf diesen Schutz nicht zu verzichten, egal mit welcher Art von E-Fahrzeug man unterwegs ist.
- Fahrerlaubnis
Für das Führen von E-Scootern und Pedelecs ist eine Fahrerlaubnis nicht notwendig. Für E-Bikes ist mindestens eine Prüfbescheinigung für Mofas vorgeschrieben.* Da das S-Pedelec ein Kleinkraftrad darstellt, ist die Fahrerlaubnisklasse AM notwendig.
*Für Personen, die vor dem 1. April 1965 geboren sind, ist keine Prüfbescheinigung erforderlich.
- Alter
Mit einem Mindestalter von 14 Jahren darf man einen E-Scooter benutzen, für das E-Bike muss man mindestens 15 Jahre und für ein S-Pedelec mindestens 16 Jahre alt sein.
Für die Fahrt mit einem Pedelec (Fahrrädern gleichgestellt) ist kein Mindestalter vorgeschrieben.
- Versicherungspflicht /Betriebserlaubnis
Für E-Scooter, E-Bikes und S-Pedelecs ist ein Versicherungsschutz erforderlich. Dieser erfolgt durch Zuteilung einer Versicherungsplakette bei E-Scootern oder eines Versicherungskennzeichens für die schnelleren Fahrzeugarten. Pedelecs sind dagegen versicherungsfrei.
- Promillegrenzen
Betrachtet man die Entwicklung der Trunkenheitsfahrten (Fahrten, bei denen die Nutzer unter dem Einfluss von Alkohol stehen) beispielsweise bei den Elektrokleinstfahrzeugen (z. B. E-Scooter, Segway) im Jahr 2020, halten sich die Anzeigen bisher noch im einstelligen Bereich. Gerade im alkoholisierten Zustand steigt die Unfallwahrscheinlichkeit deutlich an.
Für die Nutzer von E-Fahrzeugen gelten die Grenzwerte entsprechend der rechtlichen Einordnung ihrer Fahrzeuge. Eine Straftat begeht demnach, wer ohne Unfall oder anderweitige Ausfallerscheinungen, folgende Werte der Blutalkoholkonzentration erreicht oder überschreitet:
- E-Scooter: 1,1 Promille
- Pedelec: 1,6 Promille
- E-Bikes: 1,1 Promille
- S-Pedelec: 1,1 Promille
Eine Straftat begeht jedoch auch, wer ab 0,3 Promille nicht mehr in der Lage ist, sicher am Verkehr teilzunehmen.
Wer mit 0,5 Promille oder mehr mit E-Scooter, E-Bike oder S-Pedelec fährt, muss mit einer Ordnungswidrigkeitenanzeige nach dem Straßenverkehrsgesetz rechnen, die ein hohes Bußgeld, Punkte in Flensburg sowie ein Fahrverbot nach sich zieht.
Für Fahranfänger in der Probezeit oder unter 21-Jährige gelten 0,0 Promille.
- Weitere rechtliche Vorgaben
Für E-Scooter, Pedelec, E-Bike und S-Pedelec gelten die allgemeinen Regeln der StVO (z. B. kein Benutzen des Mobiltelefons während der Fahrt, Rechtsfahrgebot, Beachtung des Rotlichts). Besonders für E-Scooter gilt, dass die Mitnahme von Personen nicht gestattet ist und nur einzeln hintereinander gefahren werden darf; zudem sind das Anhängen an andere Fahrzeuge sowie freihändiges Fahren nicht erlaubt. Mit einem S-Pedelec darf man keinen Kinderanhänger ziehen.
Risikobewusstsein – Selbsteinschätzung und richtiges Verhalten vermeiden Unfälle!
Um ein sicheres Miteinander der Nutzer von E-Fahrzeugen mit den übrigen Verkehrsteilnehmern zu gewährleisten, ist Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme geboten. Daneben spielt aber auch das persönliche Verhalten eine tragende Rolle. Wie aus der Verkehrsunfallstatistik des PP Oberpfalz entnommen werden kann, waren – um nur eine bestimmte Gruppe herauszunehmen – die Nutzer von Pedelecs im Jahr 2019 in 138 der 1.132 Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Radfahrern involviert. 129 Pedelec-Fahrer erlitten dabei Verletzungen. Teils ist bei derartigen Unfällen festzustellen, dass die Nutzer der Pedelecs die Anforderungen der schnellen und oft auch schweren Fahrzeuge unterschätzen. Die Tretunterstützung verleitet dabei manchen Verkehrsteilnehmer dazu, über die eigenen Grenzen hinauszugehen.
Daneben trägt vor allem auch das richtige Verhalten zum unfallfreien Miteinander bei. Nutzer von E-Fahrzeugen müssen sich der – im Vergleich zu Pkw – eingeschränkten Wahrnehmbarkeit (Sichtbarkeit, Akustik) ihrer Fahrzeuge und des höheren Sturz- und Verletzungsrisikos bewusst sein. Mit gut sichtbarer Kleidung, einer defensiven Fahrweise und Schutzausstattung kann dem entgegengewirkt werden.
Verkehrsteilnehmer und Polizei verfolgen letztlich ein gemeinsames Ziel: Jeder soll sicher und unfallfrei ankommen! Hierfür setzen wir uns gemeinsam ein!
Bericht: Polizeipräsidium Oberpfalz