Die Geschichte einer Flucht und dem vorläufigen glücklichen Ende in der Oberpfalz
AMBERG-SULZBACH. Sie sind erst frisch angekommen in der Oberpfalz und noch ganz durcheinander vom Chaos in ihrer Heimat: Iryna und Anatoli Nodtochei waren am Donnerstag die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine, die in Amberg im Landratsamt im brandneuen PIK-System im Ausländeramt erfasst wurden. Die Behörde vermeldet den Beginn der Aufnahme der aus dem Kriegsgebiet in den Landkreis geflüchteten Personen mit dem neuen Status.
Landrat Richard Reisinger kümmerte sich persönlich um die beiden 63-Jährigen, die aus der ukrainischen Stadt Charkow kamen und nun Unterschlupf bei ihrer Tochter fanden – diese ist Ärztin im St.-Anna-Krankenhaus. Im Gespräch mit der Pressestelle schilderte das Ehepaar seine Erlebnisse der letzten Tage und Wochen, Tatjana Kotov übersetzte die Beschreibungen.
Iryna arbeitete früher als Bauingenieurin, Anatoly im Büro. Jetzt sind beide in Rente und erlebten Schlimmes in ihrer Heimat: „Überall zerstörte Wohnungen, getroffene Häuser. Wir waren eine Woche in einem Schutzkeller und erlebten das Bombardement.“ Eigene Vorräte halfen ihnen über die Zeit, Hilfe gab es während des Martyriums keine. Doch dann gelang ihnen die Flucht: In einer Drei-Tage-Tour mit Übernachtungen im Hotel und im Auto kamen sie als Mitfahrer eines Autos aus der Ukraine direkt nach Sulzbach-Rosenberg. Ihre Tochter schlossen sie dann am Mittwoch in die Arme.
Zurück in der Ukraine blieben die Geschwister des Ehepaares und Anatolis Mutter, aber auch viele Freunde, natürlich auch russische. „Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen allen“, erklärte Iryna – und jetzt sind sie hier. Wie sehen sie die Zukunft ihrer Heimat, der Ukraine? Sie hoffen natürlich das Beste, aber sie können beide immer noch nicht fassen, was da rund um ihr Zuhause Katastrophales passiert ist in den letzten Wochen. Ob sie jemals zurückkehren können, steht noch in den Sternen.
Jedenfalls sei der Empfang überaus freundlich und herzlich gewesen, „super“, sind sich beide einig. Landrat Richard Reisinger kümmerte sich persönlich um die beiden Erstankömmlinge. „Dieser Krieg ist entsetzlich. Wir alle haben vom Weltbild her geglaubt, dass diese Wege überwunden seien.“ Jetzt gehe es bei den Geflüchteten erst einmal um ein Dach über dem Kopf und Schutz, soziale Betreuung, vor allem für Kinder und Familien. „Mit Essen und Trinken alleine ist es nicht getan.“ Es werde sich zeigen, ob eine Rückkehr bald möglich sei oder ob langfristige Perspektiven nötig wären. Und der Landrat formulierte eine intensive Hoffnung: „Mein größter Wunsch ist, dass Sie in Ihr freies Leben in der Ukraine zurückkehren können. Denn Heimat ist nicht zu ersetzen.“
Anschließend ging es ins Ausländeramt: Die Registrierung am Landratsamt ist zeitnah und unkompliziert möglich. Nach der Meldung im Einwohnermeldeamt der Gemeinde, in der sie sich niederlassen, erhalten die Schutzsuchenden in der Ausländerbehörde am Landratsamt Amberg-Sulzbach eine vorläufige Bescheinigung, die sogenannte Fiktion. Diese bestätigt, dass der Betroffene ein Schutzgesuch im Sinne von §24 Aufenthaltsgesetz (vorübergehende Schutzgewährung aufgrund EU-Ratsbeschluss) gestellt hat. Die Fiktion wird für sechs Monate erteilt und gewährt Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zu Sozialleistungen inklusive Krankenversorgung.
Im zweiten Schritt erfolgt bei der Ausländerbehörde die sogenannte PIK-Registrierung, die bislang nur im Ankerzentrum in Regensburg vorgenommen werden konnte, und die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach §24 erforderlich ist. Dafür werden u.a. Fotos gemacht und Fingerabdrücke aufgenommen. „Wir erwarten, dass in den nächsten Tagen und Wochen viele Flüchtlinge zu uns kommen. Um ihnen so schnell als möglich einen ordentlichen Schutzstatus zu ermöglichen und lange Wartezeiten im Amt zu vermeiden, erachten wir es als sinnvoll, die Erst- und Zweitregistrierung notfalls zeitlich zu trennen“, erklärt Gertraud Mertel, Leiterin des Ausländeramtes. „Die Menschen sollen erst mal ankommen. Sobald sie ihren vorläufigen Schutzstatus haben, hat die Zweitregistrierung dann noch etwas Zeit.“ Das Landratsamt Amberg-Sulzbach bittet darum, für diese Behördengänge vorab Termine zu vereinbaren sowie Pässe oder anderweitige Identitätsnachweise und ein biometrisches Passbild mitzubringen. Zur Terminvereinbarung stehen folgende Ansprechpartner, aufgeteilt nach dem Anfangsbuchstaben des Familiennamens, zur Verfügung:
A-G Herr Kohl, Tel: 09621 39 323,
H-M Frau Neubauer, Tel : 09621 39 267
N-Z Frau Vogl, Tel: 09621 39 623
oder unter E-Mail: auslaenderamt@amberg-sulzbach.de. Das Ausländeramt am Landratsamt Amberg-Sulzbach befindet sich im Landratsamt , Gebäude 2, 2. Stock, Schloßgraben 3, 92224 Amberg. Die aktuellen Corona-Zugangsbeschränkungen zum Landratsamt sind zu beachten.
Bericht: Landratsamt Amberg-Sulzbach